Freekeh aus Palästina, Tee aus Myanmar und Safran aus Afghanistan – klein aber fein ist das Sortiment des Handelshauses Conflict Food. Und wenn es nach den Gründern Salem El Mogaddedi und Gernot Würtenberger geht, soll das Angebot beständig wachsen – mit einer klaren Philosophie und klaren Leitlinien. Als nächste Ziele und potentielle Handelspartner haben die beiden Kaffeebauern im Jemen, Dattelbauern in Palästina und Salzkooperativen in Äthiopien im Visier.
El Mogaddedi und Würtenberger haben Conflictfood 2015 gegründet – um die Welt ein klein wenig besser zu machen und weil man “halt irgendwo anfangen muß”.
Ziel und Mission von Conflict food ist es, mit Menschen in Krisengebieten nachhaltige und langfristige Wirtschaftsbeziehungen aufzubauen, die den Menschen vor Ort friedliche Perspektiven eröffnen. Dafür bereisen die Gründer von Conflict food persönlich diese Regionen, immer auf der Suche nach den besten landestypischen Agrarprodukten. Das Geschäft wird mit den Bauern vor Ort und zu einem fairen Preis direkt abgeschlossen – ohne Zwischenhändler. Werte wie “Trade not Aid”, gerechte Bezahlung, nachhaltige Produktion, die Stärkung von Minderheiten und Bildung sind bei Conflict Food damit keine plakativen Floskeln, sondern gelebte Handelsprinzipien. Der Handel mit Lebensmitteln ist politisches Handeln – so das Credo von Conflict Food. Fairer Handel stärkt lokale Strukturen und globale Fluchtursachen werden an der Wurzel bekämpft. Denn das ist das ultimative Ziel der Macher von Conflict Food!
Zusammen mit der leisen Hoffnung, daß auch wir Konsumenten beim Kauf eines ihrer Produkte sofort verstehen, daß jede Kaufentscheidung immer auch eine Entscheidung über die Lebensbedingungen von Menschen an einem ganz anderen Ort in sich trägt. Die Entscheidung für oder gegen ein Nahrungsmittel ist nie konfliktfrei. Wollen wir Kriege, Armut und Ausbeutung von Natur und Menschen weiter befördern? Oder wollen wir durch politisch motivierten Konsum neue Perspektiven schaffen (und nebenbei kulinarische Schätze anderer Regionen genießen)? Salem und Gernot haben sich diese Frage eindeutig beantwortet.
Der von ihnen gehandelte Safran kommt von der unabhängigen Frauenkooperative Shekiban in Afghanistan. Wo einst Opiumpflanzen wuchsen, bauen die Frauen heute selbstverwaltet Safran an und schaffen somit den Wandel: weg vom Opium, hin zum Safran, der “Königin der Küche”. Safran ist das teuerste Gewürz der Welt – rund 200.000 Krokosblüten müssen gepflückt werden, um ein Kilo des “roten Goldes” zu ernten. Die Provinz Herat im Westen des Landes gilt als eines der besten Anbaugebiete weltweit. Geerntet wird nach alter Tradition per Hand. Der faire Handel von Conflict Food auf Augenhöhe ermöglicht den Frauen wirtschaftliche Selbstständigkeit und friedliche Perspektiven.
Myanmar ist eine weitere der vielen Krisenregionen auf unserem Planeten. Eingebettet zwischen den Großmächten Indien und China liegt die Union Myanmar. Nach und nach öffnet sich das Land der Welt, ist aber immer noch von Krisen und inneren Spannungen gezeichnet, die den internationalen Handel erschweren. Mit diesen Schwierigkeiten ist auch das Volk der Ta’ang konfrontiert, das in der Shan-Region im Norden Myanmars Tee anbaut. Der Teeanbau hat uralte Tradition und ist Lebensgrundlage für die Bäuerinnen und Bauern der Ta’ang. Die Pflanzen wachsen ursprünglich zwischen Teak- und Macadamiabäumen in schwer zugehbarem Terrain. Geerntet wird per Hand. Das Wissen über Anbau und Erntetechniken ist identitätsstiftend für die Minderheit der Ta’ang, die in der Union Myanmar eine unter 140 verschiedenen Ethnien ist.
Der faire Handel mit Conflict Food stärkt den Bauern der Ta’ang den Rücken und verschafft ihnen ein stabiles Einkommen. Kürzlich haben sie sich zu einem Verband zusammengeschlossen und re-investieren einen Teil ihrer Einkünfte in Schulungen und Seminare zu Erntetechniken und Vermarktung. Conflict Food bietet die Bio Schwarztees “Golden Shan” und “Red Amber” aus der Shan-Region an. Der eine mit feinen Noten von Malz, Ahorn und dunkler Schokolade. Der andere mit einem erfrischenden Aroma von Beeren und roten Weintrauben. Ergänzt wird das Sortiment durch den leichten und erfrischenden Grüntee “Silver Shan”.
Der Nahe Osten gehört ohne Zweifel zu den politischen Dauerbrennpunkten auf der Welt: die Region befindet sich im Dauer-Ausnahmezustand. Die Bewohner sind betroffen von Landraub, Zerstörung von Agrarflächen, eingeschränktem Wasserzugang und Handelsbarrieren.
Eine kulinarische Wiederentdeckung und damit eine Chance auf fairen Handel kommt aber eben aus Palästina und wird dort seit Jahrhunderten angebaut: Frekeeh, das Korn der Antike wird noch grün geerntet und über Feuer geröstet.
Durch die frühe Ernte des Korns enthält das Getreide mehr Nährstoffe als zu einem späteren Zeitpunkt. Die Nährstoffbilanz weist für Frekeeh doppelt so viel Eiweiß wie für Quinoa aus und attestiert dem grünen Getreide viermal so viele Ballaststoffe wie braunem Reis. So ist es nicht weiter überraschend, daß Frekeeh derzeit das Lieblingskind der Sterneköche und der Food-Blogger-Szene gleichermaßen ist. Die frühe Ernte des Korns schont zudem wertvolle Ressourcen: der Wasserverbrauch ist deutlich niedriger als bei anderen Getreidesorten. Außerdem stützt der Anbau die ökologische Diversität in der Region.
Conflict Food bezieht seinen Frekeeh von einer Bio-Kooperative aus Jenin, der Kornkammer des Westjordanlands und ermöglicht durch seine fairen Preise und durch stabile Handelsbeziehungen den dortigen Bäuerinnen und Bauern ihre selbstbestimmte Existenz zu sichern.
Das internationale vierköpfige Team von Conflict Food lebt und arbeitet in Berlin, wo die Produkte aus aller Welt in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung abgefüllt, schön verpackt und für den Verkauf un den Versand vorbereitet werden. Beigelegt ist immer auch eine kleine Zeitung, die über das Produkt und den Konflikt in der Region informiert. Ein Teil des Erlöses geht zurück an eine Bildungseinrichtung des Herkunftslandes, um der Idee Rechnung zu tragen, daß es ohne Bildung keinen nachhaltigen Frieden geben kann.
Im besten Sinne gibt Conflict Food Konfliktlösungen Nahrung, läßt Hoffnung keimen und zeigt, wie nachhaltiger Frieden schmecken könnte!
Der Begriff, der seit den 2000er Jahren neu geprägt worden ist, um die landwirtschaftliche Nutzung in Intensiv besiedelten Regionen und Metropolen zu beschreiben, geht ursprünglich auf Überlegungen zur städtischen Nahrungsproduktion in den 1920er Jahren zurück.
Und schon hier wurde auf die Vorbilder und Ideen der “Gartenstadt”, ein Städtebau-Modell des Briten Ebenezer Howard (1898), Bezug genommen. Sein Modell der planmässigen Stadtentwicklung wiederum war eine Reaktion auf die zunehmend schlechteren Wohn- und Lebensverhältnisse sowie die steigenden Grundstückspreise in den stark gewachsenen Großstädten. Auch das klingt vertraut.
Subsumiert unter den den Begriff des “Urban Farming” wird und wurde auch gerne das “Urban Gardening”, das klassische Bewegungen wie die Schrebergärten-Siedlungen, oder auch das rebellischere “Guerilla Gardening” in sich vereint. “Urban Farming“ und “Urban Gardening” können sich hierbei positiv ergänzen. Während es beim “Urban gardening” in all seinen Ausprägungen jedoch mehr um individuelle Selbstversorgungs – Konzepte, oder auch um soziale und integrative Aspekte geht, steht beim “Urban Farming” die Lebensmittelproduktion für eine größere städtische Bevölkerung im Vordergrund.
“Klassische” Landwirtschaft, wie sie es schon immer in und um Städte herum gab, ist natürlich auch heute noch zu finden. Auf dem Stadtgebiet von Berlin gibt es noch vier Bauernhöfe, die der Stadtbevölkerung regionale Produkte liefern – zählt man die Domäne Dahlem als “Schau- und Lehr-Bauernhof” dazu, sind es sogar fünf.
Allen Betrieben gemeinsam ist, daß sie mit einer der wichtigsten Ressourcen innerhalb einer Stadt, dem Platzbedarf an sich, für heutige Verhältnisse eher extensiv umgehen.
Das Projekt “Weltacker” weist für die momentane Weltbevölkerung eine verfügbare Ackerfläche von 2000m2 pro Kopf aus, die reichen muss (und kann), um eine Person ein Jahr lang vornehmlich vegetarisch zu ernähren (und zu kleiden). Die m2 Tendenz ist allerdings fallend, da die Weltbevölkerung kontinuierlich wächst.
Im Hinblick auf jede Form von Landwirtschaft und im Hinblick auf das “Urban Farming” im Besonderen sind also Konzepte gefragt, die die Nahrungsmittelproduktion auch in die städtischen Realitäten des 21. Jahrhunderts holen und dort nachhaltig verankern.
Die Herausforderung: wie kann eine lokale Lebensmittelherstellung auf kleinstmöglichem Raum, mit – je nach Standort – oft mangelndem Sonnenlicht, unter Ausnutzung minimaler Ressourcen maximalen Ertrag erwirtschaften? Wie kann dies auf eine sozial gerechte und umweltverträgliche Weise geschehen? Kann “Urban Farming” die lokale Lebensmittelsicherheit erhöhen und könnte dies ultimativ zu einer Unabhängigkeit von Teilen der globalen Warenströme führen?
Dachfarm
Oberhausen.
Foto Kuehn –
Malvezzi Architekten
Im Moment liefern Aquaponik und Container-Farming die vielversprechendsten Konzepte für eine Einlösung dieser Ziele.
Die Aquaponik ist seit 30 Jahren in der Entwicklung und wächst so langsam aus ihren Kinderschuhen und Kinderkrankheiten heraus; sie adressiert 8 der 17 formulierten “Global Development Goals” und ist allein mit diesem Schnitt ein Musterschüler (Ziel 2: kein Hunger; Ziel 8: menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum; Ziel 9: Industrie, Innovation und Infrastruktur; Ziel 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden; Ziel 12: Nachhaltige/r Konsum- und Produktion; Ziel 13: Maßnahmen zum Klimaschutz; Ziel 14: Leben unter Wasser, Ziel 15: Leben an Land).
Das Aquaponik-Idee beruht auf dem Stickstoffkreislauf. Fische und Pflanzen werden in einem gemeinsamen Kreislauf gehalten und gedeihen auf bzw. in den “Abfallprodukten” des jeweiligen Partners. Von der “Hinterhof-Anlage” bis zu großen städtischen Gewächshäusern auf Dächern oder Brachflächen ist alles denkbar. Systeme ab 15.000m2 produzieren mit einer eigenen Biogasanlage rentabel die von ihnen benötigte Energie. Es sind aber auch “kalte” Aquaponik-Anlagen mit minimalem Energieaufwand möglich. Aaquaponik ist darüberhinaus weitestgehend emissionsfrei und ermöglicht Nahrungsmittelproduktion ohne Abfall, da die Nährstoffe im geschlossenen Kreislaufsystem erhalten bleiben. Einzig ein geringer Verlust an Wasser (durch Verdunstung) geht mit dieser Produktionsform einher – und bei der Fischzucht handelt es sich noch immer um eine Form der Massentierhaltung. Geplant sind auch kleine Endverbraucher-Anlagen.
Zu einem weiteren “Musterschüler” hat sich das Container-Farming entwickelt.
Neben höchster Platzeffizienz – innen wie außen – punktet das geschlossene System des modularen Container farming mit einer maximalen Ressourcen-Effizienz im Hinblick auf Raum, Wasser und Licht, mit saisonaler Wetter-Unabhängigkeit und potentieller Mobilität.
Im Container selbst wachsen die Pflanzen in vertikal angeordneten Regalsystemen. Die LED-Beleuchtung ermöglicht eine energiesparende und Spektrum-genaue Adjustierung für jede Pflanze und jede Wachstumsphase. Sensoren regeln und überwachen Temperatur, Luftfeuchtigkeit, CO2-, Nährstoff- und Wasserversorgung. Das Wasser kommt aus einem geschlossenen Kreislauf, so daß der Wasserverbrauch nur um die 19-38 Liter pro Container-Unit beträgt – ein Bruchteil des Wasserbedarfs in der konventionellen Landwirtschaft. Auf diese Art und Weise werden optimales Wachstum und bestmögliche Erträge erzielt. Pro Woche können z.Bsp. pro Container 1000 Bio-Salatköpfe geerntet werden; 4500 Pflanzen können ganzjährig parallel wachsen. Und das alles auf einer Fläche von nur 30m².
Mitten im städtischen Raum angesiedelt, ermöglicht diese Form des “Urban Farming” zudem eine maximale Reduzierung (bis hin zur Eliminierung) von Transport- und Kühlketten. Geliefert werden kann innerstädtisch per Cargo-bike oder Elektroauto. Das Essen wächst dort, wo es konsumiert wird. Der ökologische Fußabdruck ist zu vernachlässigen.
Urban farming” passt sich neuen Gegebenheiten an – und auch wenn Aquaponik und Container Farming sicherlich nicht mehr viel (mit einem aber auch allzu oft idealisierten Bild) von konventioneller Landwirtschaft zu tun haben, so bieten sie sicherlich mehr als nötige skalierbare Lösungen für die Nahrungsmittelproduktion im urbanen Raum an.
Bildunterschrift
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